In den neunziger Jahren spielte ich mit den damals neuesten Techniken, die im deutschen Tierfilm seinerzeit noch nicht in der Breite angekommen waren. Einige Beispiele sind also nicht uninteressant für die damalige Entwicklung. Inzwischen bin ich weitgehend von den technischen Gimmicks abgekommen und konzentriere mich in meinen letzten Filmen auf intensive Verhaltensstudien, bei denen es auf eine hochmobile Kamera und schnell einsetzbare Technik ankommt, die keine langen Vorbereitungen erfordert.
Ferngesteuerte HS Kamera an Nestersatz für Trauerseeschwalben, Berlin, 1991 (Die Seeschwalben waren an die Handhabung durch Betreuer gewöhnt)
Wie alle gutmeinenden Tierfilmer versuchte ich zunächst, möglichst oft Naturschutzaspekte in die Filme einzubauen. Das hat den Zuschauern nicht immer gefallen – sie suchen in dem Genre meist den Traum von Mutter Natur und wenn sie dann den kalten nassen Lappen der Realität ins Gesicht bekommen, wird das eher als aufdringliche Störung denn als wichtige Information empfunden (zumal selten Lösungen angeboten werden können).
Vorbereitung einer Kranaufnahme, Galápagos, 2003 (Foto: Walter Cruz)
Ausschnitte aus älteren 16mm Filmen (1980 -2004)
Ausschnitt aus Lehrfilm „Die Venusfliegenfalle“, IWF, Göttingen 1980
Diese Sequenz diente sicher so manches Mal auch zur Schülerunterhaltung, aber die Geschwindiglkeit der Blattreaktion ist immer wieder beeindruckend. Nur wenige Halter dieser bezaubernden Pflanzen werden sie bei ihren „Fütterungen“ in einem derartigen Tempo reagieren sehen. Thomas und Thilo stellten die nötige hohe Luftfeuchtigkeit und eine leichte Kühlung in einem großen, fast luftdicht abgeschlossen Plexiglasbehälter sicher. Darin gelangen diese Aufnahmen (über die Weihnachtsfeiertage, weil da die Räume nicht gebraucht wurden)
Dies ist eine der frühesten Bildsequenzen, die ich gefilmt habe (1980). Geschnitten von Hans-Otto Krüger und augenzwinkernd musikalisch untermalt von Rolf Bauer. Es der erste Film, den ich als Kameramann zu verantworten hatte: „Die Venusfliegenfalle“ ein 15minütiger Lehrfilm für das Institut für den Wissenschaftlichen Film in Göttingen. Es war dort zeitweise der am häufigsten ausgeliehene Film im Bereich Biologie! Immerhin, für ein Anfängerwerk nicht ganz so schlecht….
Der Film entstand aus einer Studentenidee: Thomas Carow als angehender Gartenbauingenieur teilte mit Thilo Schmidt-Rogge, damals Biologiestudent wie ich, die Leidenschaft für Fleischfressende Pflanzen. Es fiel ihnen nicht schwer, mich ebenfalls für diese filigranen botanischen Wunderwerke zu begeistern. Ich hatte damals erste 16mm Erfahrungen beim Filmen von Hornissen gesammelt und sah sofort das Potenzial, das die Fleischfresser für Zeitraffer boten.
Thomas Carow (links) und Thilo Schmidt-Rogge an der Zeitrafferanlage, wie sie die Technik der Siebziger Jahre hergab. Die Beiden hatten für die empfindlichern Pflanzen ein Terrarium gebaut, das die nötige Luftfeuchtigkeit gerantierte und Überhitzungen durch die Scheinwerfer reduzierte. In diesem Minibiotop gelangen dann auch die Aufnahmen der Venusfliegenfalle in ihrer schier unglaublichen Geschwindigkeit (Die Bilder im Film sind nicht beschleunigt!)
Wir bildeten schnell ein effektives Team: Thomas und Thilo stellten die Pflanzen und das nötige Knowhow, um sie auch unter Kamerascheinwerfern voll funktionsfähig zu halten (das ist für Nichtfachleute schon eine schier unüberwindliche Hürde), während ich die Technik vom damaligen Hochschulfilmreferat der FU Berlin organisierte und die Kameraarbeit übernahm.
Thomas checkt einen Ausschnitt, während ich noch nicht überzeugt wirke. „Freilandarbeiten“ wurden an verschiedenen Standorten in Deutschland gemacht, wobei Thomas dabei jeweils seine gezüchteten Pflanzen aussetzte. Natürlich konnten wir uns keine Reise zu den Originalstandorten leisten. Das ganze Budget bestand eigentlich nur aus den Kosten für das Rohmaterial und die Entwicklung. Auch von den Wissenschaftlern, die uns in den verschiedenen Laboren unterstützten, wurden natürlich keine Rechnungen gestellt. Thilo setzt die Ableitungselektroden am Blatt einer Venusfliegenfalle um die elektrischen Potenziale bei der Blattreizung auf einem Oszillographen sichtbar zu machen. Es war sehr ermutigend, dass verschiedene Professoren der Freien Universität aus dem Fachbereich Biologie uns Arbeitsmöglichkeiten in ihren Laboren einräumten. Als der Film in Göttingen vorgestellt wurde, hatte dort auch niemand den Eindruck, da hätten nur ein paar Studenten herum gespielt…
Der alte Film ist mir nicht mehr zugänglich, aber die obige Sequenz wurde später in dem ZDF Film „Fleischfressende Pflanzen – Todesfallen oder Lebensspender?“, den Thomas Carow als Regisseur und Autor verantwortete, eins zu eins eingeschnitten. Unter „Carnivorous Plants – Deathtraps or Lifelines?“ weltweit bei Discovery vertrieben, ging dieser TV Film weit über unsere damaligen Möglichkeiten hinaus. Um so zufriedener waren wir, dass unsere ersten studentischen Bemühungen ohne weiteres in dem späteren professionellen Film mithalten konnten.
Ausschnitte aus dem Zweiteiler „NAKURU“, ZDF 1997
Ein kurzer Ausschnitt aus dem zweiten Teil des Nakuru Zweiteilers, „Nakuru – Hoffnung für Eden?“ Solche Sequenzen waren eingebettet in lange, teils spektakuläre Naturszenen (davon später mehr in anderen Videos), aber der schonunglos realistische Ansatz der beiden Filme war zu desillusionierend für das erwartungsfrohe Tierfilmpublikum. Obwohl die Filme mir weltweit über ein Dutzend Preise und Auszeichnungen einbrachten und die internationale Fassung sich gut verkaufte, waren dies meine Filme mit den niedrigsten Einschaltquoten in der ZDF Reihe „Naturzeit“
Ausschnitt aus dem ersten Teil des Nakuru Zweiteilers von 1997: „Nakuru – Schatten über Eden“. Der Nakuru Nationalpark wurde in den Achtziger Jahren zu einem wichtigen Nashornschutzgebiet und der Film greift diese Entwicklung unter vielen anderen Schutzaspekten des Parks auf. Dabei bemühte ich mich, so oft wie möglich die Auswirkungen der Arbeiten auf die Tierwelt durch Blöcke mit interessantem Tierverhalten für den Zuschauer erfahrbar zu machen. Hier ist ein heftiger Kampf zwischen zwei Spitzmaul-Nashornbullen eingefügt. Derartige Kämpfe sind äußerst selten zu beobachten oder gar zu filmen und stellen schon für sich ein Highlight dar. Die beiden Nakuru Filme hatten mehrere derartige Sequenzen, die für die damalige Zeit durchaus interessantes Tierverhalten zeigten, so dass die internationale Version „Nakuru – An Island in Africa“ sich gut international verkaufte.
Ausschnitte aus „Jenseits der Wüste – MARSABIT“, ZDF 1995
Ausschnitt aus „Jenseits der Wüste – MARSABIT“, ZDF 1995. Ich nutzte seinerzeit mit Begeisterung die vielen neuen technischen Möglichkeiten, die im Tierfilm bis dahin eher selten angekommen waren. Allein in dieser Sequenz wird neben dem Supertele mit einer Drohne (damals gab es weltweit nur eine Handvoll Spezialisten dafür), Unterwasserkamera und Compositing gearbeitet. Mir kam es darauf an, dem Zuschauer so oft wie möglich mit den Mitteln des Spielfilms die Welt der tierischen Protagonisten erfahrbar zu machen. Immerhin, der Film wurde sogar von der BBC übernommen. Besprechung der nächsten Aufnahmen mit der damaligen „Drohne“, Marsabit, Kenia, 1994. Jeff Bell, (Mitte) war ein gefragter Spezialist für „unmögliche“ Aufnahmen, der einen großen Teil der damals stilbildenden Aufnahmen für die teuren John Downer Produktionen für die BBC drehte ( z.B. „Die Supersinne der Tiere“). Es war ein Vergnügen, ihn am Set zu haben, weil er auch ein ganz wunderbarer Mensch ist! (Foto: Werner Feldmann)