In den letzten 20 Jahren wurde das Pantanal-Schwemmland in Brasilien zu einem Touristen Hotspot. Dazu trugen in erster Linie Jaguare bei. Immer mehr Farmer realisierten, dass lebende Jaguare gutes Geld bringen können – wenn man die heikle Nachbarschaft zu den heimlichen Katzen richtig organisiert und ein paar Verluste im ohnehin zu hohen Viehbestand toleriert. Jaguare zieht es an die Ufer der Flüsse, weil hier ihre wichtigsten Jagdgründe liegen. Deshalb mussten sich mehr und mehr Katzen an den Lärm der Motorboote gewöhnen, die die Flüsse als Hauptverkehrswege nutzen. Das machten sich bald diverse Hotels und Touranbieter zunutze. Heute flortiert in der Umgebung von Porto Jofre eine sehr aktive Tourismusindustrie, was Arbeitsplätze schafft und durchaus einigen bedrohten Arten auf den Farmen ringsum zugute kommt. Vor allem sind es aber die Jaguare, die diesen Boom ausgelöst haben – und nun hoffentlich hier eine langfristig stabile und sichere Zukunft haben.
Ein Jaguar am Steilufer des Rio Cuiaba – kaum zu erkennen in der dichten Vegegation und völlig ungerührt von unserem Boot.
In der touristisch wichtigen Trockenzeit finden Jaguare im Pantanal die meisten ihrer Beutetiere, von Vögeln über Anakondas zu Wasserschweinen und Sumpfhirschen, entlang der Ufer der wenigen ganzjährigen Flüsse. Abseits der Ströme gibt es bei Niedrigwasser viele Störungen durch die Farmaktivitäten und deutlich weniger Beutetiere, die es dann an die Flüsse zieht. Kein Wunder, dass Jaguare kaum anders können, als ebenfalls die Uferregionen zu durchstreifen und dabei den Lärm der Boote in Kauf zu nehmen. Auf den steilen Uferwänden lassen sie sich durch Motorboote oft kaum noch stören, die anfangs ohnehin meist einfach nur vorbeifuhren. Flüsse sind nun mal die Hauptverkehrsadern der Region.
Die besten Jagdchancen haben Jaguare an den Ufern, wo sie einfach beobachtet und von Booten verfolgt werden können.
Der Rest erinnerte mich sehr stark an die afrikanischen Safaris: So wie dort Autos bald ignoniert wurden, störte sich auch im Pantanal die heimische Tierwelt immer weniger an den Booten. Es erschloss sich ein verblüffend einfacher Zugang zu einem geheimnisvollen und normalerweise extrem scheuen charismatischen Tier, das keinen Vergleich mit den Stars des afrikanischen Naturtourismus zu scheuen braucht. Im Gegensatz zum Pantanal sind an den Flüssen in Amazonien derartige Beobachtungen kaum möglich. Dort jagen Jaguare zwar auch gelegentlich an den Ufern, meistens sind sie aber doch in den dichten Wäldern ringsum unterwegs. Man kann dort monatelang per Boot unterwegs sein und wird kaum mal einen Jaguar für Sekunden zu Gesicht bekommen!
Ein stattliches Exemplar des Südlichen Brillenkaimans am Rio Paraguay.
Bei den Beobachtungen erkannte man zur allgemeinen Überraschung, das Jaguare im Pantanal vor allem den hier vorkommenden Südlichen Brillenkaiman jagten! Die seltenen früheren Gelegenheitssichtungen, bei denen man Jaguare und Kaimane beieinander bemerkte, tat man als Zufall ab oder nahm sogar an, dass größere Exemplare der Echsen es eher auf die Katzen abgesehen hatten (der Südliche Brillenkaiman kann an die 3 Meter lang werden!).
Im Encontro das Aguas Nationalpark ist es heutzutage nicht ungewöhnlich, einen Jaguar ein paar Meter neben einem Boot schwimmen zu sehen. Solange Bootsführer und Gäste sich dabei vernünftig verhalten, scheint das die Katzen nicht groß zu stören.
Wie in afrikanischen Nationalparks kommen im Pantanal Touristen und Großkatzen inzwischen anscheinend miteinander klar. Solange die Steuerleute wissen, wie sie ihre Boote zu manövrieren haben und die Gäste sich vernünftig verhalten, so dass Störungen weitgehend vermieden werden. Gabi und ich waren jedenfalls von der Professionalität von Guides und Bootsleuten durchaus beeindruckt!
Ökotourismus im Pantanal: Schön wär’s wenn er zur Erhaltung des Gebietes beitrüge – schön ist es dort tatsächlich allemal!
Zugegeben, ich mag die Vorstellung, Tourismus könne zum Naturschutz beitragen. Ich war lange genug dabei, um die Schwierigkeiten zu sehen, und es ist längst noch nicht raus, ob die Vorteile für die Natur wirklich überwiegen. Aber realistisch kann man wohl feststellen, dass die Abschusszahlen von Jaguaren deutlich zurückgegangen sind und es allgemein akzeptiert ist, dass Naturschutz keine Behinderung der Wirtschaft ist, sondern neue und vergleichsweise gut bezahlte Arbeitsplätze schafft.